Von München nach Lipa – Menschenrechte kennen keine Grenzen

27.03.2021

Um auf die menschenunwürdigen Zustände an der bosnisch-kroatischen Grenze aufmerksam zu machen und die menschenrechtsverletzenden, illegalen Push Backs anzuprangern, haben wir im März gemeinsam mit dem ÜberGrenzen Kollektiv eine Video- und Gedichtsperformance am Stephansplatz in München organisiert. 

Am 27. März setzten wir gemeinsam mit dem ÜberGrenzen Kollektiv, der Unterstützung des Bellevue di Monaco, der Seebrücke München und rund 200 Menschen am Münchner Stephansplatz ein Zeichen gegen die brutale und illegale Gewalt an den EU Außengrenzen.

Anfang des Jahres organisierten wir einen Spendentransport nach Bosnien-Herzegowina und waren mehrere Wochen selbst vor Ort, um wichtige Soforthilfe zu leisten. Nun brachten wir die Erlebnisse in Form von Videos, Redebeiträgen und eines Gedichtes in die Münchner Innenstadt, um der Münchner Zivilgesellschaft einen kleinen Eindruck davon zu geben, was gerade an der bosnisch-kroatischen Grenze geschieht.

In Form von Redebeiträgen und Videos stellten wir die katastrophale Situation in Bosnien-Herzegowina eindringlich dar. ©Vivianne Rau

Was es aber wirklich bedeutet, in dieser menschenverachtenden Realität Kind zu sein, können wir uns selbst nicht vorstellen. So zeigten wir unter anderem ein Video von der 11-jährigen Amira*, die aktuell noch immer in Bosnien ist. Sie erzählt uns, dass sie nicht nur Grenzgewalt mit ansehen, sondern selbst immer wieder traumatische Push-Backs und Gewalt erleben muss. 

Ein weiteres Video thematisierte die verheerende Situation vor Ort, die Gewalteskalation und die Verantwortung der EU. In diesem Video zeigten wir, welche Menschrechte an den EU-Außengrenzen missachtet werden: Artikel 3 ‘Jeder Mensch hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.’, Artikel 5 ‘Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.’, Artikel 9 ‘Niemand darf willkürlich festgenommen, in Haft gehalten oder des Landes verwiesen werden.’ und viele weitere. 

Neben Videobeiträgen gab es ferner verschiedene Redebeiträge, die tiefere Einblicke in die katastrophale Situation gaben. 

So fasste Paula, ein Mitglied des AK49, Erzählungen und Erfahrungen von Familien und Kindern in Kladuša in einem Text zusammen: “Während für unsere Kinder Spielen, das Spiel etwas Harmloses, Lustiges ist, ist das Game für geflüchtete Kinder, die an der bosnisch-kroatischen Grenze festhängen, etwas Anderes. Es ist der Versuch, in die EU zu gelangen und die Hoffnung, dem Elend ein Ende zu setzen. Das Game bedeutet für sie 14 Stunden am Stück laufen, durch Flüsse und verminte Gebiete. Es bedeutet Morddrohungen der Grenzpolizei gegen die eigene Mutter zu erleben, Gewalt zu sehen oder selbst zu erleben. Es bedeutet schlichtweg eine verlorene, traumatische Kindheit zu haben, ohne Hoffnung auf Verbesserung.” 

Außerdem wurde das bewegende Gedicht „An meinen Vater“ der Dichterin Monica Herceq vorgetragen, welches nach Gesprächen mit Geflüchteten entstanden ist und der Münchner Lokalpolitiker Arif Abdullah Haidary von der Partei Mut berichtete von seinen persönlichen Erfahrungen auf der Flucht. 

Nach den erschreckenden Eindrücken, die wir persönlich vor Ort in Bosnien erhielten, stellen wir nun klare Forderungen an die Europäische Union:

1. Solidarität darf nicht kriminalisiert werden! Wir fordern, dass die Soforthilfe, die von der Zivilbevölkerung vor Ort geleistet wird, nicht länger kriminalisiert und somit extrem erschwert wird.

2. Menschenwürdige Camps mit medizinischer Grundversorgung anstelle von willkürlichen Schließungen.

3. Ein sofortiges Ende der physischen und psychischen Gewalt sowie der tödlichen Kriminalisierung von Asyl!

4. Strafrechtliche Verfolgung der Gewalttäter:innen!

5. Unabhängige Beobachtungen und Untersuchungen sowohl an den Grenzen als auch in den Lagern. Das schließt auch den Zugang für Journalist*innen mit ein, der momentan oft verwehrt bleibt!

6. Die Einhaltung der Menschenrechte an den EU-Außengrenzen!

7. Eine Stellungnahme der Verantwortlichen! (angefangen bei unserem Innen- und Außenministerium)

8. Zugang zu gerechten Asylverfahren! 

Die Aktion mit dem Titel „Von München bis Lipa – Menschenrechte kennen keine Grenzen” ist Teil einer Protestreihe des ÜberGrenzen Kollektivs, mit dem AK 49, dem BalkaNet e.V., dem Wir packen’s an e.V., SOS Balkanroute, der Balkanbrücke & dem Kölner Spendenkonvoi. In den kommenden Wochen folgen Protestaktionen in zahlreichen weiteren Städten wie Innsbruck, Stuttgart, Göttingen und Barcelona.

An dieser Stelle wollen wir uns ein weiteres Mal herzlich bei unseren Unterstützer*innen bedanken:

–         Bellevue di Monaco

–         Seebrücke München

–         Freiraumkonvoi Olga

–         Sankt Stephan Kirche

Die Süddeutsche Zeitung hat über unsere Aktion berichtet: https://sz.de/1.5249298 

*Name geändert

Vielen Dank für Eure Unterstützung! WIr freuen uns auf weitere Aktionen, 

Euer AK 49

Wer ist das Kollektiv ÜberGrenzen?

Das Kollektiv ÜberGrenzen gründete sich im Dezember 2020 als Aktionsbündnis in verschiedenen deutschen und österreichischen Städten, um auf die humanitäre Katastrophe der Geflüchteten in Bosnien-Herzegowina aufmerksam zu machen, an dem auch der AK49 beteiligt ist. Das künstlerische und politische Kollektiv ÜberGrenzen ist ein städteübergreifender Zusammenschluss aus Künstler*innen, Mitgliedern zivilgesellschaftlicher Organisationen, und engagierten Einzelpersonen. Zahlreiche Mitglieder des Kollektivs waren vor Ort in Lipa und Bihać und haben erlebt, wie Menschen verletzt und ihrer Wertgegenstände beraubt auf kroatischer Seite brutal zurückgedrängt wurden. Weitere Aktionen des städteübergreifenden Kollektivs werden folgen, mehr Informationen auf den Social Media Kanälen:

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