Kurze Zeit nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine haben wir als AK49 beschlossen, selbst aktiv zu werden. Nach gemeinsamen Überlegungen und Gesprächen sowie Einschätzungen von Aktivist*innen und Gruppen vor Ort an den Grenzen planten wir, mithilfe von Spendengeldern dringend benötigte Sachspenden an die polnisch-ukrainische Grenze zu bringen. Auf dem Rückweg nahmen wir fliehende Menschen mit und ohne Behinderung mit nach Deutschland und organisierten Unterkünfte für sie. Das Ganze fand statt zwischen 11. und 14.03.2022 statt.
Es gab zwar unbürokratische, schnelle Unterstützung auf verschiedenen Ebenen für flüchtende Ukrainer*innen – so war bspw. ab dem 27.02.2022 der internationale Bahnverkehr in einigen europäischen Ländern kostenfrei für flüchtende Ukrainer*innen, wenn sie ihren Pass vorzeigen. Jedoch können kostenlose Zugfahrten und die offiziellen Unterbringungen für viele Menschen, bspw. Geflüchtete ohne ukrainischen Pass, Menschen mit Behinderungen oder andere marginalisierte Personen viel Stress und Unsicherheiten bedeuten. Sie müssen dabei mit Diskriminierung, racial profiling oder behinderten-ungerechten Unterkünften rechnen.
Auf Grund dieser Perspektive und unseren Erfahrungen hierzu, wollten wir uns auf marginalisierten Personen konzentrieren und haben dafür gezielt Kontakte aufgebaut. Letztendlich konnten wir zwei Familien, die Familienmitglieder mit körperlichen und geistigen Behinderungen hatten eine sichere Fahrt sowie Unterkunft in Deutschland anbieten.
Zunächst fuhren wir mit Medikamenten, Hygienebedarf und anderen wichtigen Sachspenden von München über Landshut und Wien an die polnisch-ukrainische Grenze. In der polnischen Grenzregion lieferten wir die Sachspenden an einer Sammelstelle ab. Dort haben wir polnische und ukrainische Fahrer und Aktivist*innen getroffen, die hier ankommende Spenden in große Busse umpacken, um sie über die Grenze in die Ukraine zu fahren. In der Ukraine werden die Sachen dann in kleine Vans umgepackt um unauffälliger in die umkämpften Gebiete zu fahren. Die Menschen, die das organisieren, setzen damit jeden Tag ihr Leben aufs Spiel. Zum derzeitigen Zeitpunkt , wurden täglich drei große Reisebusse mit Notfallversorgung über Grenze gefahren.
Nachdem wir die Spenden bei der Sammelstelle abgeliefert hatten, sind wir weiter Richtung Grenze gefahren und haben in der Stadt Chelm übernachtet, um am nächsten Morgen möglichst schnell an dem Grenzübergang Dorohusk zu sein. Hier hatten wir uns für Sonntag früh mit zwei Familien aus der Ukraine verabredet, mit denen wir über verschiedenen Telegram Gruppen Kontakt aufnehmen konnten.
Obwohl wir viel Zeit in Recherche investiert haben, war es schwer vorherzusehen, wie die Lage im Grenzgebiet ist. (Im Nachhinein würden wir sagen das war auch wirklich das wichtigste). Herrscht dort Chaos? Wie weit kommen wir mit dem Auto an die Grenze ? Auch die Ukrainer*innen wussten vorab nicht, wie lange sie brauchen würden, um über die Grenze zu kommen.
Entgegen unserer Erwartungen war der Grenzübergang Dorohusk auf der polnischen Seite an diesem Tag nicht chaotisch, es gab eine gute Infrastruktur, mit Toiletten, Informationsstände, Essensstände und Getränke.
Der Mitarbeiter einer polnischen Hilfsorganisation erzählte uns, dass zu dem Zeitpunkt eher weniger los sei, es sei jedoch immer sehr unterschiedlich, wie viele Menschen aus der Ukraine ankämen. Die Situation verändere sich ständig und es sei nicht absehbar, wie sich alles in den nächsten Wochen und Monaten entwickeln werde.
Das Treffen mit den beiden Familien funktionierte problemlos, schon nach kurzer Wartezeit kamen die beiden ukrainischen Familien über die Grenze und wir konnten uns treffen.
In der Vorbereitung haben wir nach geeigneten Unterbringungsmöglichkeiten in Deutschland gesucht, um den Menschen eine mittelfristige Perspektive bieten zu können. So fuhren wir auf dem Rückweg zunächst in ein Dorf in der Nähe von Dresden, wo eine der Familien erstmal mehrere Monate in einem großen Haus unterkommen kann. Die zweite Familie konnte in einer Wohnung einer Freundin des Kollektivs in München unterkommen.
Wenn ihr irgendwelche Fragen habt oder ihr noch mehr Infos braucht, dann meldet euch gerne bei uns!
Wie viel Geld haben wir insgesamt gesammelt?
Insgesamt haben wir 14.452 € an Spendengeldern gesammelt
Was ist mit dem Geld passiert?
Neben direkten Ausgaben für Medikamente, Logistik, Sprit sowie der direkten Unterstützung der Familien haben wir einen Teil der Spendengelder an drei befreundete Organisationen gespendet, da diese längerfristige Projekte in und für die Ukraine haben und somit das Geld sinnvoll nutzen können.
Wir sind mit allen dreien im direkten Kontakt und bekommen regelmäßige Berichte über ihre Arbeit.
AK49 Medikamente, Logistik, Sprit sowie direkte Unterstützung der Familien | 852€ |
Blindspots Projekt “Exit – Safe Passage for All” https://blindspots.support/ Mit ihrem neuen Projekt holt Blindpots Menschen aus der Ukraine ab und bringt dringend benötigte Spenden in die Ukraine. | 8000€ |
Sickness Affinity Group in Berlin https://www.sicknessaffinity.org/ Die Gruppe setzt sich für sich behinderte, kranke und gehörlose Geflüchtete ein, betreibt einen Ankunftsstand am Berliner Hauptbahnhof und unterstützt kurzfristig und unbürokratisch bei jeglichen Problemen. | 2800€ |
Candus, Projekt in der Ukraine https://www.cadus.org/de/projekt/nothilfe-in-der-ukraine Die medizinische Organisation evakuiert ebenfalls Personen aus der Ukraine und leistet wichtige medizinische Nothilfe | 2800€ |